Betagte Menschen leben in Alters- und Pflegeheimen, wenn ihr Gesundheitszustand es ihnen nicht mehr erlaubt, trotz Unterstützung durch Angehörige und/oder die Spitex im eigenen Zuhause zu bleiben. Für diese Personengruppen empfiehlt die «Roadmap für die Umsetzung der Gesundheitlichen Vorausplanung (GVP) in der Schweiz» eine vertiefte bzw. krankheitsspezifische GVP.
Menschen, die in Alters- und Pflegeheimen leben, sind eine sehr wichtige, aber auch vulnerable Bezugsgruppe, wenn es um die Gesundheitliche Vorausplanung (GVP) geht. Auch in diesem Setting sollte jeder Mensch die Möglichkeit haben, selbst zu bestimmen, wie er im Falle einer Urteilsunfähigkeit behandelt und betreut werden möchte. Die konkrete Umsetzung der GVP in Alters- und Pflegeheimen ist gemäss Studien herausfordernd, beispielsweise weil Patientenverfügungen noch wenig bekannt sind. Als zusätzliche Herausforderung zeigt sich, dass der Bedarf an Alters- und Langzeitpflege in der Schweiz bis ins Jahr 2040 um die Hälfte steigen wird. Mehr dazu: Obsan-Bericht 03/2022.
In Alters- und Pflegeheimen ist die Stärkung der GVP also von besonderer Bedeutung: Viele Bewohnende leiden an chronischen Mehrfacherkrankungen, zunehmender Gebrechlichkeit oder beginnender Demenz. Es ist wichtig, ihnen eine vertiefte Auseinandersetzung mit persönlichen Wertvorstellungen und Behandlungszielen zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen. Wenn sie möchten, sollen ihre Wünsche festgehalten und für die behandelnden Fachpersonen zugänglich gemacht werden.
Die GVP ermöglicht es, für spätere Situationen der Urteilsunfähigkeit den persönlichen Willen für oder gegen bestimmte medizinische Massnahmen zu reflektieren und zu dokumentieren. Das bekannteste Instrument dafür ist die Patientenverfügung. Das Verfassen eines solchen Dokuments wird allen Personen, die urteilsfähig sind, empfohlen. Wenn Bewohnende nicht urteilsfähig sind, nimmt die vertretungsberechtigte Person für medizinische Massnahmen eine zentrale Rolle ein. Neben Patientenverfügungen stehen auch andere Instrumente der GVP zur Verfügung.
Wegleitung für Fachpersonen in Alters- und Pflegeheimen
Eine von der nationalen Arbeitsgruppe GVP eingesetzte interprofessionelle Sub-Arbeitsgruppe hat zur Stärkung der GVP in Alters- und Pflegeheimen eine Broschüre erarbeitet. Diese bietet eine praxisorientierte Wegleitung zur Umsetzung der GVP in Alters- und Pflegeheimen. Die Wegleitung richtet sich an alle Berufsgruppen in Institutionen der stationären Langzeitpflege, insbesondere an Pflegefachpersonen, die Ärzteschaft sowie Fachpersonen, die Gespräche zur GVP anbieten. Ziel ist, dass GVP verstanden und zum Wohl der Bewohnenden im Alltag gelebt wird. Die Broschüre ist auf Deutsch, Französisch und Italienisch als PDF und gedruckt erhältlich.
In sechs Schritten werden das Wann, das Was, das Wie der GVP beschrieben und die mögliche Dokumentation aufgezeigt. Gesundheitlich vorausplanen im APH ist ein kontinuierlicher Prozess zwischen Bewohnenden, Fachpersonen und – so vorhanden – Angehörigen. Der Einstieg in diesen Prozess soll beim Heimeintritt angeboten werden. Wenn Bewohnende sich darauf einlassen, werden sie dabei unterstützt, sich mit ihren persönlichen Wertvorstellungen und Wünschen an die medizinische Behandlung auseinanderzusetzen. Es wird auch gemeinsam besprochen und dokumentiert, welches Behandlungsziel und welche Behandlungsintensität bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustands oder in Notfallsituationen gewünscht sind. Ist eine Person nicht urteilsfähig, so wird die für medizinische Massnahmen vertretungsberechtigte Person in die GVP einbezogen.
Pilotphase: Formular Behandlungsintensität
Zur Dokumentation von Behandlungsziel und -intensität empfiehlt die Arbeitsgruppe, das «Formular zur (mutmasslich) gewünschten Behandlungsintensität im Heim und bei Notfallsituationen» zu verwenden. Dies auch dann, wenn eine Patientenverfügung und/oder ein Behandlungsplan vorliegen. Es handelt sich um ein zusätzliches Dokument, das das Wichtigste für diese Situationen auf einer Seite zusammenfasst.
Eine erste Fassung des Formulars steht im Rahmen einer Pilotphase auf Deutsch, Französisch und Italienisch zur Verfügung. Rückmeldungen werden in einer öffentlichen Vernehmlassung (frühestens ab Oktober 2025), an der sich alle Interessierten beteiligen können, eingeholt. Die Vernehmlassung wird via SAMW Newsletter bekanntgemacht. Das Dokument ist in drei Sprachen verfügbar:
- Formular zur (mutmasslich) gewünschten Behandlungsintensität im Heim und bei Notfallsituationen (Version für die Pilotphase) PDF, 231 KB
- Formulaire sur le degré d’intensité de traitement (présumé) souhaité dans à l’EMS et en cas d’urgence (Version pour la phase pilote) PDF, 318 KB
- Formulario sull’intensità di trattamento (presumibilmente) desiderata in istituto e in situazioni di emergenza (Versione per la fase pilota) PDF, 264 KB
Das Formular stellt sicher, dass das Gewünschte auf einen Blick erkennbar ist. Es soll u. a. als Kommunikationsmittel an den Schnittstellen zwischen Heim, Rettungsdienst und Spital eingesetzt werden können.
Zum Vertiefen
- Weiter- und Fortbildungsangebote zur Gesundheitlichen Vorausplanung in der Langzeitpflege (d/f/i) PDF, 85 KB
- «Das Leben und das Lebensende gestalten», von Ursula Arn und Reka Schweighoffer, Mitglieder der Sub-AG und AG GVP, im Magazin ARTISET 9/2025 PDF, 317 KB
- SAMW Bulletin 2/2024: «Umfrage Gesundheitliche Vorausplanung: Mehrwert für Pflege klar bestätigt» PDF, 34 KB
GVP als medizinischer Qualitätsindikator
Im Auftrag der Eidgenössischen Qualitätskommission läuft das nationale Implementierungsprogramm «Qualität der Langzeitpflege in Alters- und Pflegeheimen (NIP-Q-UPGRADE)». Das Programm fokussiert auf datenbasierte Versorgungsqualität. Es wurden bereits zahlreiche Qualitätsindikatoren erfolgreich eingeführt. Im Herbst 2025 wird als zusätzlicher medizinische Qualitätsindikator neu die «Gesundheitliche Vorausplanung» lanciert und die konkrete Umsetzung getestet. Dabei kommt der Art der Durchführung von GVP in Alters- und Pflegheimen und der Dokumentation eine zentrale Rolle zu. Mehr zu NIP-Q-UPGRADE.
Die Broschüre «Gesundheitliche Vorausplanung (GVP) in Alters- und Pflegeheimen – Wegleitung zur Umsetzung» gibt hierzu wichtige Anhaltspunkte. Über eine definitive nationale Einführung eines Qualitätsindikators «GVP» entscheidet die Eidgenössische Qualitätskommission voraussichtlich 2027.